Die Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich ist zu hoch. Diskriminiert werden vor allem Jugendliche aus den Banlieues. Es gibt zwar Lösungen – aber zu wenig Information darüber.
Noch heute schmerzt es, wenn Jeanne an ihre schwierige Jobsuche zurückdenkt. Die 21-Jährige hatte eine komplizierte Schullaufbahn, war „nie eine gute Schülerin“, wie sie selbst sagt. Aber immerhin hatte sie viele Praktika absolviert. Doch als sie am Ende ihr Abitur nicht bestand, wurde sie arbeitslos – und blieb es ein Jahr lang. Rückblickend wurde sie in dieser Zeit kaum gesellschaftlich unterstützt, fühlte sich im Stich gelassen.
Dieses Gefühl der fehlenden Unterstützung kennen auch viele Jugendliche, die von der Personalvermittlung „Mozaik RH“ betreut werden. Das Unternehmen ist auf die Förderung von Vielfalt spezialisiert. Mariam Khattab, die die Rekrutierung leitet, schildert gesellschaftliche Missstände: „In Frankreich herrscht keine Gleichheit zwischen den Jugendlichen. Diskrimiert wird aber nicht aufgrund der ethnischen Herkunft oder des religiösen Hintergrunds, sondern vielmehr aufgrund des Ortes, an dem man wohnt“.
Das führt dazu, dass die Jugendarbeitslosigkeit in den sogenannten „Banlieues“ – also den Vorstädten – viel höher ist als andernorts.
Dieses Problem hat der Staat aber erkannt. Schon unter Francois Hollande wurde eine Prämie von 15.000 Euro eingeführt für Arbeitgeber, die Jugendliche aus den Vororten unbefristet einstellen.
Allerdings ist diese Prämie vor allem für die kleinen Betriebe interessant. Für die großen Unternehmen spielt das Angebot kaum eine Rolle.
Diskriminierung hat ihre Wurzeln im Bildungssystem
Fehlende Chancengleichheit beklagt Mariam Khattab auch im Bildungssystem. „Wenn man keine Eliteschule besucht hat, landet die Bewerbung im Mülleimer“, sagt sie harsch. Mozaik RH möchte beweisen, dass Jugendliche, die keine Eliteschule besucht haben und aus den Banlieues stammen, genau die gleichen Kompetenzen haben wie die privilegierten Jugendlichen.
Mozaik RH sieht die eigene Arbeit als besten Beweis dafür: Die Erfolgsquote bei der Vermittlung arbeitsloser Jugendlicher an Unternehmen, die Talente suchen, liegt bei 87 Prozent.
Und die Stadt Paris habe noch viele weitere Angebote, um junge Arbeitslose zu unterstützen. Darauf legt Afaf Gabelotaud Wert,die als Assistentin der Pariser Bürgermeisterin arbeitet. Beispielsweise werden Jugendliche unter 26 Jahren dabei unterstützt, ihren Lebenslauf und ihre Motivationsschreiben zu erstellen. Schulabbrecher haben die Möglichkeit, die sogenannte „Schule der 2.Chance“ zu besuchen. Dort wird jedem ein individuelles Training angeboten. Die Schüler können durch zahlreiche Praktika verschiedene Berufe entdecken. Und es werden ihre sozialen Fähigkeiten gefördert, die hilfreich für die berufliche Integration sind.
An Beratungsstellen scheint es somit nicht zu mangeln – jedoch bekommen die Jugendlichen oft nichts davon mit. Dieses Problem kennen auch die Arbeitspsychologin Catherine Jourjon und die Berufsberaterin Catherine Bernadi an der Universität Sorbonne-Nouvelle in Paris. Sie beraten Studierende für die berufliche Karriere nach dem Studium. Jedoch nehmen viele dieses Angebot nicht wahr, vermutlich weil sie gar nicht wissen, dass diese Beratungsstelle existiert.
Stellung der dualen Ausbildungssysteme in Frankreich
Und Frankreich steht noch vor einer weiteren Herausforderung: Die Gesellschaft hat ein negatives Bild von dem System der dualen Ausbildung. Schlechten Schülern wird geraten, eine Ausbildung zu machen. Gute Schüler sollen immer studieren. In Frankreich gibt es kaum Abiturienten, die eine duale Ausbildung in Betracht ziehen. In Deutschland ist das anders: Dort gibt es attraktive Angebote verschiedenster Ausbildungen – und in vielen Bereichen ist sogar das Fachabitur erwünscht, um eine Ausbildung antreten zu können.
Heute arbeitet Jeanne als Verkäuferin. Zunächst hatte sie sich mit einem befristeten Vertrag als Putzfrau über Wasser gehalten, doch dann fand sie ohne jegliche Unterstützung eine passendere Arbeitsstelle. Hätte sie vorher von all den Beratungsmöglichkeiten gewusst, wäre das vielleicht schneller gegangen.